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Unsere Philosophie

Das Würzburger Institut versteht sich seit seiner Gründung 1986 als synoptisches Institut. In den vergangenen hundert Jahren haben sich mehrere „Schulen“ der Psychoanalyse etabliert, die die Gegenstände des Interesses aus unterschiedlichen Perspektiven betrachten. Dabei haben sich unterschiedliche theoretische Konzepte und teilweise auch eigene Sprachgebräuche etabliert. Im Wesentlichen können vier große Richtungen der Psychoanalyse unterschieden werden: Die Triebtheorie, die Objektbeziehungstheorie, die Ich-Psychologie und die Selbstpsychologie. Daneben haben sich die Individualpsychologie nach A. Adler und die analytische Psychologie nach C.G. Jung weiterentwickelt.

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Wir verstehen uns als ein Ort, in dem Analytiker*innen aus allen Therapierichtungen zusammenkommen und in freier und wohlwollender Atmosphäre ihre praktische und theoretische Arbeit diskutieren können. Dies gilt besonders auch für unseren Ausbildungsbetrieb, in dem wir den Studierenden ermöglichen wollen, sich mit verschiedenen Richtungen innerhalb der theoretischen Pluralität auseinander zu setzen.

 

Das Ziel ist dabei die Entwicklung einer eigenständigen, stabilen Identität als Psychoanalytiker*in (bzw. als tiefenpsychologisch orientierter Psychotherapeut*in), die neben dem theoretischen Wissen, den praktischen Fähigkeiten und der entsprechenden Haltung auch ein stimmiges Gefühl für die innere Konsistenz des Erlernten bedeutet.

Vor- und Nachteile des synoptischen Zugangs

  • Der größte Nachteil ist wohl, dass sich die Studierenden nicht an einer vorgegebenen Lehrmeinung orientieren können und besonders anfangs die Orientierung innerhalb verschiedener Denktraditionen schwierig ist.
  • Der größte Vorteil ist aber, dass sie nicht festgelegt sind und in ihren Prozessen der Entwicklung herausfinden können, mit welchen Theorien und Annahmen sie psychische Phänomene für sich am besten konzeptualisieren können.


Mit dem synoptischen Zugang ist das Institut mit anderen Instituten mit ähnlicher Philosophie innerhalb der DGPT als „freies Institut“ organisiert. Die freien Institute stellen, gemessen an der Zahl der Mitglieder, mittlerweile die größte Gruppe in der DGPT dar.

Was ist Psychoanalyse?

Die Psychoanalyse ist die Wissenschaft, die sich mit dem Unbewussten beschäftigt. Ausgehend von den grundlegenden Arbeiten Sigmund Freuds haben sich in den letzten hundert Jahren eine Reihe von Disziplinen entwickelt, die auch viele Nachbarwissenschaften befruchteten (wie zum Beispiel die Philosophie, die Sozial-, die Religions- und die Kunstwissenschaften. aber auch Kunst und Kultur, und nicht zuletzt Medizin und Psychologie). Dort haben sich neben der psychoanalytischen Psychotherapie eine ganze Reihe von tiefenpsychologisch begründeten Therapiemethoden entwickelt.

Die Psychoanalyse ist also nicht nur eine psychotherapeutische Behandlungsmethode. Vielmehr ist sie eine Methode, unbewusste Zusammenhänge und Bedingtheiten von Erleben, Motivation, Interaktionen, Gedanken und Handlungen zu erfassen. Diese Methode kann auch zur Behandlung von seelischen Störungen eingesetzt werden.

 

Eine der wichtigsten Grundannahmen der Psychoanalyse ist die unbewusste Bedingtheit des seelischen Erlebens. Das bewusste Erleben stellt, metaphorisch, nur die Spitze des Eisbergs der Seele dar, während sich der größte Teil unseres inneren Erlebens unbewusst abspielt. Dies gilt nicht zuletzt für die psychischen Hintergründe von Erkrankungen. Die Psychoanalyse fragt nach dem „Warum“ und „Wozu“ von Symptomen und versteht dabei auch „Erkrankung“ als pathische Kreation (Pieringer 2000) des Individuums und versucht, die unbewusste Motivation hinter psychischen und psychosomatischen Erkrankungen zu erkunden.

 

Dabei verfügt die Psychoanalyse über eine eigenständige Nosologie (Krankheitslehre); sie ermöglicht es, Krankheit im lebensgeschichtlichen Zusammenhang zu verstehen, unbewusste Konflikte verarbeiten zu helfen und seelische Entwicklung zu fördern, statt nur aktuelle Krankheitzustände (psychiatrisch/organisch) zu beschreiben und zu behandeln.


Kernstücke der nosologischen Theorie sind Begriffe wie „intrapsychischer Konflikt“ (Erkrankung als Kompromisslösung zwischen sich widerstrebenden seelischen Impulsen), „Struktur“ (Ausprägung von fundamentalen Funktionen der Seele, die in frühen Beziehungen internalisiert werden) und „Trauma“ (Die Verarbeitungsmechanismen der Psyche überfordernde Einflüsse).

 

Die Anwendung von analytisch orientierten Verfahren in der Behandlung von seelischen Störungen hat nicht nur eine lange Tradition und eine große klinische Erfahrung, sondern ist auch empirisch als wirksam belegt.